Der strenge Blick eines Personalmenschen über die randlose Brille hinweg, während er oder sie gnadenlos Bewerbermappen sichtet – das war einmal. Angesichts des Fachkräftemangels und der Digitalisierung haben sowohl Unternehmen als auch Bewerber ganz andere Wege eingeschlagen. Zum Glück, würde ich sagen, denn es war noch nie so einfach, sich über künftige Arbeitgeber zu informieren oder als Unternehmen Bewerber zu erreichen. Meist wird der gesamte Bewerbungsprozess online abgewickelt. Aber eins gilt für beide Seiten: Man muss es richtig machen. Schauen wir uns heute einmal die Unternehmensperspektive an. Wie gewinnen Sie mit einem Online-Karriereportal Bewerber und was gibt es bei der Konzeption zu beachten?
Ob es das gute alte Zeitungsinserat wirklich noch tut, entscheiden am Ende Sie. Aber ich kann Ihnen versichern, dass ein Karriereportal ein sehr wirksames Recruitingwerkzeug sein kann. Denn 73 % aller Bewerber schauen sich erst einmal die Karriereseite des Arbeitgebers an. Das ist beachtlich. Sie müssen kein Big Player wie adidas oder Mercedes sein, um dieses Potenzial zu nutzen. Im Wettbewerb um die qualifizierten Fachkräfte schaffen Sie mit einem Karriereportal einen Zugang zum Unternehmen, den Sie effektiv auf die Bedürfnisse Ihrer Wunschbewerber abstimmen können.
Die Basis des Employer Branding ist, wie der Name schon sagt, das Branding. Denn Markenentwicklung muss immer ganzheitlich betrachtet werden. Es geht nicht nur darum, das Produkt oder die Dienstleistung unter die Leute zu bringen, sondern um eine vollständig integrierte Markenpersönlichkeit, die nach außen und innen wirkt. So wie Sie Ihr Corporate Design, die Website, den Claim und alle weiteren Kommunikationsmittel an Ihrer digitalen Strategie ausrichten, so sollten Sie auch Ihr Karriereportal angehen. Der Einklang mit der Positionierung ist an dieser Stelle ganz besonders wichtig. Denn Menschen haben ein gutes Gefühl dafür, ob Kommunikation authentisch ist oder nicht. Und ein möglicher Arbeitgeberwechsel ist eine sensible Entscheidung – machen Sie es künftigen Bewerbern also möglichst leicht, indem Sie als Unternehmen auch im Recruitingprozess Identität zeigen.
Achten Sie bei der Konzeption des Karriereportals darauf, Ihre Zielgruppe im Blick zu behalten, also Ihre absoluten Wunschkandidaten. Wer sind diese Menschen, was bewegt sie, was erwarten sie von einem attraktiven Arbeitgeber? Welche Bedürfnisse bringen sie mit, die Ihr Unternehmen erfüllen könnte? Ein ganz wichtiger Punkt ist der folgende: Ihre Karriereseite ist für Bewerber gedacht, nicht für den Vorstand oder für Ihre Werbeagentur. Schließlich soll Ihr Auftritt genau die richtigen Kandidaten anziehen. Sehr hilfreich für den ersten Schritt ist zum Beispiel ein Workshop, in dem Sie herauskristallisieren, was Ihr Unternehmen zu bieten hat und was Sie sich von künftigen Mitarbeitern wünschen. Diese Erkenntnisse sind sehr wertvoll, wenn es um die grundsätzliche Ansprache und Gestaltung, aber auch um konkrete Inhalte geht. Fragen Sie Ihre Mitarbeiter, was Sie an Ihnen als Arbeitgeber schätzen, warum Sie sich bei Ihrem Unternehmen beworben haben, was Sie im Bewerbungsprozess gut fanden – und was nicht. Kritik ist an dieser Stelle ausdrücklich erwünscht, denn Sie hilft Ihnen dabei, Ihre Personas oder Zielgruppen noch besser zu verstehen.
Sie wissen, wen Sie ansprechen wollen, und haben die grundsätzliche Strategie dafür festgezurrt? Perfekt. Nun geht es darum, attraktive Inhalte zu konzipieren. Aber was gehört alles auf ein Karriereportal? Das hängt wieder einmal von den Menschen ab, die Sie erreichen möchten. Im Allgemeinen bilden die folgenden Bausteine eine sehr gute Basis.
Wenn Sie regelmäßig mehr als 20 Stellen zu besetzen haben, dann lohnt sich eine Stellensuche. Sortieren Sie offene Stellen sowohl nach Standort als auch nach Fachbereich. Bewerber sollten die Möglichkeit haben, sich die Jobangebote je nach Hauptbedürfnis anzeigen zu lassen. Während die einen zum Beispiel örtlich gebunden sind, würden andere vielleicht einen Standortwechsel in Erwägung ziehen.
Ihre künftigen Mitarbeiter wollen wissen, mit wem sie es zu tun haben – schließlich verbringt man eine Menge Zeit am Arbeitsplatz. Schildern Sie auf Ihrem Karriereportal, welche Werte Ihr Unternehmen vertritt, was es für die Zukunft plant, welche Geschichte es hat, wie es sich selbst sieht.
Beschreiben Sie in klaren Worten, was Sie sich von Mitarbeitern wünschen. Neben der generellen Übereinstimmung mit dem Wertekanon des Unternehmens unterscheiden sich diese Erwartungen je nach Fachbereich oder Stellenbeschreibung. Zum Beispiel werden Sie von Schülern und Studenten etwas anderes wollen als von einer Führungskraft. Je präziser Sie Ihre unterschiedlichen Zielgruppen ansprechen, desto besser. Landingpages eignen sich besonders gut dafür.
Häufig haben Bewerber noch zusätzliche Fragen. Stellen Sie ihnen einen Ansprechpartner zur Verfügung, der leicht per E-Mail oder Telefon erreicht werden kann. Je nach Firmengröße kann das die Personalleitung selbst oder es können fachbereichsspezifische Mitarbeiter (z.B. Ausbildungsbeauftragte) sein. Achten Sie darauf, dass der Kontakt auf Ihrem Karriereportal problemlos zu finden ist.
Je nachdem, welches Recruitingsystem Sie verwenden, können die Abläufe unterschiedlich ausfallen. Wichtig ist, dass Sie Bewerbern transparent machen, wie das Verfahren funktioniert, was Sie von ihnen benötigen und wann sie mit Rückmeldung rechnen können. So vermeiden Sie fehlerhafte Bewerbungen oder frustrierte Rückfragen. Eine FAQ-Seite zum Bewerbungsprozess ist sehr praktisch. Auch der Hinweis auf einen Downloadbereich, sofern es einen gibt, darf hier nicht fehlen.
Eine schöne Möglichkeit, künftigen Mitarbeitern einen Blick ins Unternehmen zu ermöglichen, sind authentische Erfahrungsberichte aktueller Beschäftigter. Das können Interviews sein, aber auch kleine Reportagen oder Videoformate.
Es gibt viele Möglichkeiten, Ihr Karriereportal mit zusätzlichen Inhalten und Elementen auszustatten. Welche davon für Sie infrage kommen, hängt von Ihrer Strategie und Ihren Ressourcen ab. Wenn Sie die Kapazitäten dafür haben, ist ein Blog ein tolles Extra, das immer wieder Impulse aus dem Unternehmen und aktuelle Informationen präsentiert. Alternativ ist ein Newsletter ein schönes Angebot, um Interessenten auf dem Laufenden zu halten. Apropos News: Stellen Sie sicher, dass Events und Termine auf dem Karriereportal gepostet werden und dass diese Posts immer auf dem neuesten Stand sind.
Die Integration der sozialen Medien ist heute ein Muss – XING, LinkedIn, Facebook und Twitter sind die wichtigsten. Je nachdem, was Ihre Marke darstellt, können auch Instagram und YouTube interessant sein.
Sehr professionell wirkt ein Bewerberbereich mit Log-in, der Bewerbern erlaubt, den Status quo einzusehen und den Prozess transparent zu verfolgen. Auch spezifische Formulare und Workflows können in ihn eingebunden werden.
Ein Online-Karriereportal ist nicht nur eine Möglichkeit, effektiv die richtigen Bewerber anzusprechen, sondern auch eine Maßnahme der Markenentwicklung. Wenn Sie als Unternehmen beim Recruiting authentisch und zielgruppengerecht kommunizieren, machen Sie Wunschkandidaten auf sich aufmerksam und gestalten eine Arbeitgebermarke, sie sich im Rennen um die besten Fachkräfte behaupten kann.